Baugebiet Rotes Feld

Wiederaufbau und Bauboom

Mehr als 1.000 neue Wohnungen

Lüneburg wurde in den letzten Kriegsmonaten zu einem wahren Zufluchtsort: Neben der einheimischen Bevölkerung drängten sich Flüchtlinge und Vertriebene, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene in der Stadt.

20 Prozent mehr Einwohner zählte Lüneburg 1950 im Vergleich zu 1939: Die Bevölkerung wuchs auf mehr als 60.000. Die Folge: Es fehlten mindestens 5.000 Wohnungen.

Ernst Braune, ab Juli 1945 wieder politisch aktiv, richtete unmissverständliche Appelle an die Stadtgesellschaft:

„Wir müssen bauen!“

Ernst Braune

Von 1946 bis 1949 war der von den Nationalsozialisten seines Amtes enthobene Geschäftsführer der Volkshaus GmbH (ehrenamtlicher) Oberbürgermeister der Stadt Lüneburg, ab 1946 saß er im Aufsichtsrat der LüWoBau. Vorsitzender des Aufsichtsrats blieb weiterhin Dr. Kurt Höbold. Die Geschäftsführung übernahm Ende 1948 Willy Schwencke.

Die ersten Häuser baute die damals noch gemeinnützige LüWoBau für Flüchtlinge und Ausgebombte.

Am 4. August 1949 setzte Ernst Braune den ersten Spatenstich für neue Wohnungen Auf der Höhe.

Doch nicht nur Wohnraum war Mangelware; es fehlte an Baumaterialien und Werkzeug. Der Lüneburger Klempnermeister Hans Georg Röhlke erinnerte sich später:

„Mit dem Fahrrad ging es nach Scharnebeck, um einen Badeofen einzubauen. Als Bezahlung brachte mein Vater ein halbes Schwein mit.“

Hans Georg Röhlke

Mit der D-Mark kam dann die Wende. Die staatliche Förderung von Eigentum setzte eine rege Bautätigkeit in Gang. Im Baugewerbe herrschte plötzlich Vollbeschäftigung, Baulücken wurden geschlossen, neue Wohngebiete errichtet.


Eine Zeitzeugin erinnert sich: Johanna Kreutz wohnt seit mehr als 70 Jahren in einer Wohnung Auf der Höhe.


1950/51 entstanden am Hasenburger Berg 90 Wohnungen für Flüchtlinge, finanziert aus dem „European Recovery“-Programm.

Auch für die Lüneburger wurde gebaut: nämlich für die Opfer von Senkungsschäden in der Altstadt. Für diese entstanden an der Wedekindstraße und Hinter den Scheibenständen 49 Wohnungen.

1951 begann ein neues großes Bauprogramm der Gesellschaft. An der Soltauer Straße, die damals noch „Chaussee“ hieß, wurden 50 Wohnungen gebaut, von denen 40 jeweils 54 m2 mit 2 ½ Zimmern, Küche und Bad hatten. Zehn weitere Wohnungen von 42,5 m2 mit zwei Zimmern sollten für Familien hergerichtet werden. Die Mieter zahlten monatlich 57 bzw. 43 D-Mark. Geschäftsführer Willy Schwencke, im Amt seit Dezember 1948 und noch bis Oktober 1973, freute sich über den Zuschuss der Stadt aus dem Wohnraumsteueraufkommen, sorgte sich aber um die Zukunft und sah steigende Löhne und Materialkosten als größte Gefahren für den sozialen Wohnungsbau.

„Bei der ersten Besichtigung waren wir glücklich, dass es sich um einen erst ein Jahr alten Neubau und dann noch im Roten Feld handelte. Wir hätten nie zu hoffen gewagt, zu der Zeit eine so helle, sonnige, freundliche Wohnung zu bekommen – sogar mit Balkon.“

Lore Sander und ihr Mann Walter arbeiteten beim Lüneburger Eisenwerk. Zum 1. Mai 1955 zogen sie in eine Wohnung der LüWoBau in der Kantstraße

Als erstes Wohngebiet im Roten Feld entstanden an der Herderstraße Mehrfamilienhäuser für die Beamten und Angestellten des Oberverwaltungsgerichts. Der Oberverwaltungsgerichts-Präsident Dr. Hoffmann – nach Worten von Schwencke „Lüneburgs baufreudigster Behördenchef“ – ließ es sich nicht nehmen, am 1. September 1951 den ersten Spatenstich zu tun. Für ihn galt, dass er seinen Mitarbeitern „nicht nur einen Aktenblock vor die Nase“ setzen, sondern „auch für ihr Privatleben möglichst günstige Voraussetzungen“ schaffen wollte. Der dritte Wohnblock wurde in Rekordzeit von nur fünf Wochen (!) errichtet, und die ersten Mieter zogen im Frühjahr 1952 ein.

Und die Gesellschaft selbst baute sich endlich einen eigenen Standort: Hatte die LüWoBau in den ersten Nachkriegsjahren behelfsmäßig von einem Raum im Rathaus aus ihre Geschäfte geführt, bezog sie 1952 das erste eigene Bürogebäude am Lerchenweg.

LüWoBau-Geschäftsstelle Lerchenweg
LüWoBau-Geschäftsstelle in der Doppelhaussiedlung am Lerchenweg

Der Bauboom der 1950er- und 1960er-Jahre in Zahlen: Zwischen 1949 und 1970 errichtete die LüWoBau exakt 1.308 neue Wohnungen, 202 Garagen, sieben Läden und eine Zahnarztpraxis.


Copyright Texte: Museum Lüneburg

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Header (Richtfest Kantstraße, 1953)/ LüWoBau GmbH
Soltauer Straße/ LüWoBau GmbH
Spatenstich Ernst Braune/ LüWoBau GmbH
Hasenburger Berg 1951/ LüWoBau GmbH
Hasenburger Berg 1952/ LüWoBau GmbH
Richtfest Wedekindstraße 1954/ LüWoBau GmbH
Richtfest Wedekindstraße 1954/ LüWoBau GmbH
Richtfest Kantstraße 1953/ LüWoBau GmbH
Herderstraße 1952/ LüWoBau GmbH
LüWoBau-Geschäftsstelle 1952/ LüWoBau GmbH