Das Tor zu einer neuen Idee
Meinekenhop im Mittelfeld: Die Visionen der Stadtplaner im Jahr 1924
„Die in weiten Teilen geschützte Ernst-Braune-Siedlung (…) ist ein Juwel für Architektur-Enthusiasten und Städtebau-Interessierte.“
Melcher Ruhkopf / Philipp Götz: Ernst-Braune-Siedlung. Zwischen Kleinstadtidyll und Moderne
Sie liegt im Stadtteil Mittelfeld im Westen Lüneburgs.
Es waren die Zwanziger Jahre. Die junge Weimarer Republik stabilisierte sich, von der späteren Weltwirtschaftskrise war noch nichts zu ahnen. Deutschland genoss sie, die „Goldenen“ Jahre. Und eine sozial ausgerichtete Gesetzgebung machte es den Kommunen möglich, ihre Stadtplanung gezielt voranzutreiben.
Mitte der Zwanziger Jahre hatte Lüneburg rund 30.000 Einwohner. Sie wohnten größtenteils im alten Kernbereich der Stadt. Es war Stadtbaurat Hans Heidtmann, der einen Plan für die nächsten 50 Jahre entwarf: Wohnraum für noch einmal 30.000 Menschen sollte entstehen, dazu Industriegebiete und Grünflächen.
Das Mittelfeld westlich vom Krankenhaus war damals noch landwirtschaftlich genutzte Feldmark. Diesen Bereich sah der Stadtbaumeister für ein ganz besonderes Projekt vor: sozialen Wohnungsbau.
Reichsheimstätten
Das Areal hat der Planer ganz bewusst als sogenanntes Reichsheimstättengebiet ausgewiesen. Nach einem Gesetz von 1920 wurden solche Heimstätten in besonderer Weise vor Spekulation geschützt. Es waren in der Regel kleine Häuser mit großen Nutzgärten, die im Notfall die Versorgung der Bewohner sichern sollte. Hans Heidtmann setzte in Lüneburg ab 1924 ein solches Modellprojekt rund um den „Meinekenhop“ vorbildlich um.
Foto: Meinekenhop
Gartenstadtbewegung
Das viele Grün war typisch für seine Zeit: Der Stadtbaurat ließ sich bei seinen Planungen von der damals aufkommenden Gartenstadtbewegung inspirieren, eine Reaktion auf schlechte Wohn- und Lebensverhältnisse, die aus England nach Deutschland wanderte.
Siedlungsplan für das „Mittelfeld“, 1924
Schwarz- und Grünplan der Siedlung
Die Pläne zeigen faszinierend deutlich die Aufteilung von bebauten Anteilen und unbebauten Grünflächen in der Siedlung. Und der Eingang zu dem neuen Viertel ist noch heute ein Schatz aus jener Zeit.
Die Volkshaus GmbH übernahm die Verwaltung der von der Stadt am Meinekenhop errichteten Heimstätten.
Doch auch die Straßen in der näheren Umgebung wurden als Bauland ausgewiesen. Auf der Höhe und in der Ringstraße baute die Volkshaus GmbH zahlreiche Mehrfamilienhäuser mit Kleinstwohnungen; schmucklos zwar, dafür äußerst praktisch. Bis 1930 entstanden so im Mittelfeld insgesamt 317 neue Wohnungen. Die Grünflächen konnten die Bewohner gemeinschaftlich nutzen.
Eine Zeitzeugin erinnert sich: Ursula Gramullas Vater wurde 1929, sie selbst 1955 in einem Haus am Meinekenhop geboren. Heute ist sie Eigentümerin.
Neugierig geworden? Ein Spaziergang durch das Gebiet lässt noch heute erahnen, welche Ideen und Visionen modernen Wohnens die Planer vor fast 100 Jahren hinter diesem Tor hatten.
Copyright Texte: Museum Lüneburg
Copyright Fotos:
Header (Tor zum Meinekenhop)/ Museum Lüneburg
Karte: Stadtarchiv Lüneburg, K 10-H-1-1
Meinekenkop: LüWoBau GmbH
Siedlungsplan: Stadtarchiv Lüneburg, K14-C149
Schwarz- und Grünplan: Städtebauliche Gestaltungsanalyse, Büro Oldenburg/Plesse, 2009
Meinekenhop 1926: LüWoBau GmbH
Meinekenhop 2021: Berit Neß
Auf der Höhe: LüWoBau GmbH
Auf der Höhe (mit Menschen): LüWoBau GmbH
Ringstraße (s-w): LüWoBau GmbH
Eingang Meinekenhop: Berit Neß, 2021
Ernst-Braune-Straße: Berit Neß, 2021
Meinekenhop: Berit Neß, 2021
Schleichweg zwischen den Straßen: Berit Neß, 2021
Ringstraße: Berit Neß, 2021
Ringstraße (mit Bank): Carolin George, 2021